Heute musste
ich zur Uni, Samstag hin oder her. Es galt, mich mit zwei Studenten aus den USA
zu treffen und eine Gruppenarbeit vorzubereiten. Dummerweise tobt dieses
Wochenende ein Sturm über Reykjavik, welcher heute laut Wettervorhersage Spitzenwerte
von 16 m/s erreicht hat. Ich lief natürlich zur Uni, wie sonst auch bei jedem
Wetter, aber heute war es wirklich grenzwertig. Teilweise kam ich kaum voran
gegen den Wind und es war, als liefe ich gegen eine Wand. Dazu kam, dass sich
die Temperatur, welche eigentlich knapp über den Gefrierpunkt lag, durch den Wind
nochmal erheblich kälter anfühlte, fast, wie ein kleiner Stoßwind[1].
Zum Glück hatte ich aber den Großteil des Weges Rückenwind. Da ich mir der
daraus resultierenden logischen Konsequenz für den Rückweg durchaus bewusst
war, beschloss ich, für den Rückweg doch den Bus zu nehmen. Das war heute das
erste Mal überhaupt, dass ich den Bus genommen habe. Das ist mir sonst
normalerweise zu teuer.
Aber kommen
wir zu etwas erfreulicherem: Jetzt ist es März und obwohl mir meine Vermieter
immer erzählen, dass mit dem endgültigen Ende des Winters frühestens im April
zu rechnen sei (letztes Jahr gab es noch Mitte Mai einen großen Schneesturm in
Reykjavik), wächst in mir so langsam die Hoffnung, dass das dieses Jahr
vielleicht doch etwas früher geschehe. Seit einer Woche schon liegen die
Tageshöchstwerte ausnahmslos über dem Gefrierpunkt und das teilweise auch
deutlich. Seit neuestem gibt es nicht einmal mehr in der Nacht Frost. Regen und
Wind haben Schnee und Eis fast vollständig zum Verschwinden gebracht[2]
und ich komme wieder rutschfrei zur Uni -
den ganzen Winter hindurch war nämlich Glatteis, von einer kurzen,
besonders intensiven Tauphase im Januar und darauf folgendem Neuschnee
abgesehen, ein Dauerproblem. Die Temperaturen pendelten permanent um den
Gefrierpunkt und es gab reichlich Niederschläge, sowohl in Form von Regen, als
auch von Schnee. Aber damit ist jetzt, zumindest vorläufig, Schluss: Laut der
Wettervorhersage soll sich an den derzeitigen (für isländische Verhältnisse)
Frühlingshaften Temperaturen auch bis mindestens Ende der nächsten Woche nichts
ändern :) Überall auf Island gibt es jetzt massives Tauwetter und da der Winter
gerade im Hochland selbst für isländische Verhältnisse sehr schneereich war,
geht das natürlich vielerorts einher mit durch Hochwasser unpassierbaren
Straßen. In der Hauptstadtregion sind wir aber davon noch einstweilen
verschont. Generell scheinen Ortschaften von Hochwasser nicht betroffen zu
sein. Vermutlich haben die Isländer Techniken entwickelt, um dem vorzubeugen.
Diese Problematik stellt sich schließlich in jedem Frühjahr, wenn auch mit
unterschiedlicher Intensität. Ob das hier allerdings wirklich der Beginn des
Frühlings ist, bleibt allerdings tatsächlich noch abzuwarten. Es wäre für
isländische Verhältnisse wirklich extrem früh und eigentlich auch zu schön, um
wahr zu sein.
Was gibt es
sonst noch? Ich habe mich auf diesem Blog ja eine ganze Zeit lang nicht mehr
gemeldet. Meine Vermieterin ist Opfer des Glatteises geworden und zog sich um
Weihnachten rum, als ich im warmen Deutschland weilte, einen komplizierten
Armbruch zu. Die Arme musste ihn sich einmal sogar erneut brechen lassen, weil
er zunächst nicht richtig zusammenwachsen wollte. Mittlerweile kann sie ihren
Arm jedoch wieder fasst vollständig gebrauchen. Ich selbst kann mich auf jeden
Fall sehr glücklich schätzen, dass mir ähnliches bislang erspart geblieben ist.
Wir bekommen
auch des Öfteren Besuch von einem Seehund. Vermutlich will er sich den Geburtsplatz
seiner Vorfahren anschauen, der Kópavogur früher offensichtlich war: Der Name
bedeutet nämlich „Seehundbabybucht“. Der Ort ist auch noch sehr jung und
entstand erst in den 30ern. Ich machte ursprünglich sogar einige Fotos vom
Seehund, aber aus irgendeinem Grunde hat meine neue Kamera das Bild nicht
gespeichert. Andere Bilder, welche ich mit dieser Kamera gemacht habe, sind
zwar gespeichert, lassen sich aber auf meinem Laptop nicht öffnen, weil irgendwelche
Dateiformate nicht unterstützt werden. Naja, ein Technikfreak bin ich noch nie
gewesen. Jedenfalls müsst ihr aufgrund der Unfähigkeit meines Laptops bzw.
meiner Wenigkeit (how knows) vorläufig auf Bilder aus dem wunderschönen Island
verzichten.
Ich befasse
mich ja derzeit nicht nur mit meinem Studium, sondern recherchiere auch fleißig
für meine BA. In diesem Zusammenhang habe ich mich auch mit der Geschichte von
Juden auf Island beschäftigt. Ein wichtiges Ergebnis meiner Recherchen ist
gewesen (obwohl für meine BA eher belanglos), dass die Grabsteine und Gebäude
mit Davidssternen, welche ich mit meiner Mutter bei ihrem Besuch im Oktober
bestaunte, ausnahmslos von isländischen Freimaurern stammen und keinerlei Bezug
zum Judentum haben. Eine jüdische Gemeinde gibt es erst seit dem Zweiten
Weltkrieg auf Island.
So, das soll
es erstmal gewesen sein, wobei, eine Information hätte ich noch: Der Flieger,
welcher mich zu meinem Sommer-Aufenthalt nach Deutschland bringen wird, landet
am 18. Mai in Berlin Tegel. Die voraussichtliche Ankunftszeit ist 6:25.
Karl
Hollerung