Kurzschnabelgänse

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Samstag, 12. März 2016

Frühling oder Winterpause?

Heute musste ich zur Uni, Samstag hin oder her. Es galt, mich mit zwei Studenten aus den USA zu treffen und eine Gruppenarbeit vorzubereiten. Dummerweise tobt dieses Wochenende ein Sturm über Reykjavik, welcher heute laut Wettervorhersage Spitzenwerte von 16 m/s erreicht hat. Ich lief natürlich zur Uni, wie sonst auch bei jedem Wetter, aber heute war es wirklich grenzwertig. Teilweise kam ich kaum voran gegen den Wind und es war, als liefe ich gegen eine Wand. Dazu kam, dass sich die Temperatur, welche eigentlich knapp über den Gefrierpunkt lag, durch den Wind nochmal erheblich kälter anfühlte, fast, wie ein kleiner Stoßwind[1]. Zum Glück hatte ich aber den Großteil des Weges Rückenwind. Da ich mir der daraus resultierenden logischen Konsequenz für den Rückweg durchaus bewusst war, beschloss ich, für den Rückweg doch den Bus zu nehmen. Das war heute das erste Mal überhaupt, dass ich den Bus genommen habe. Das ist mir sonst normalerweise zu teuer.
Aber kommen wir zu etwas erfreulicherem: Jetzt ist es März und obwohl mir meine Vermieter immer erzählen, dass mit dem endgültigen Ende des Winters frühestens im April zu rechnen sei (letztes Jahr gab es noch Mitte Mai einen großen Schneesturm in Reykjavik), wächst in mir so langsam die Hoffnung, dass das dieses Jahr vielleicht doch etwas früher geschehe. Seit einer Woche schon liegen die Tageshöchstwerte ausnahmslos über dem Gefrierpunkt und das teilweise auch deutlich. Seit neuestem gibt es nicht einmal mehr in der Nacht Frost. Regen und Wind haben Schnee und Eis fast vollständig zum Verschwinden gebracht[2] und ich komme wieder rutschfrei zur Uni -  den ganzen Winter hindurch war nämlich Glatteis, von einer kurzen, besonders intensiven Tauphase im Januar und darauf folgendem Neuschnee abgesehen, ein Dauerproblem. Die Temperaturen pendelten permanent um den Gefrierpunkt und es gab reichlich Niederschläge, sowohl in Form von Regen, als auch von Schnee. Aber damit ist jetzt, zumindest vorläufig, Schluss: Laut der Wettervorhersage soll sich an den derzeitigen (für isländische Verhältnisse) Frühlingshaften Temperaturen auch bis mindestens Ende der nächsten Woche nichts ändern :) Überall auf Island gibt es jetzt massives Tauwetter und da der Winter gerade im Hochland selbst für isländische Verhältnisse sehr schneereich war, geht das natürlich vielerorts einher mit durch Hochwasser unpassierbaren Straßen. In der Hauptstadtregion sind wir aber davon noch einstweilen verschont. Generell scheinen Ortschaften von Hochwasser nicht betroffen zu sein. Vermutlich haben die Isländer Techniken entwickelt, um dem vorzubeugen. Diese Problematik stellt sich schließlich in jedem Frühjahr, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität. Ob das hier allerdings wirklich der Beginn des Frühlings ist, bleibt allerdings tatsächlich noch abzuwarten. Es wäre für isländische Verhältnisse wirklich extrem früh und eigentlich auch zu schön, um wahr zu sein.
Was gibt es sonst noch? Ich habe mich auf diesem Blog ja eine ganze Zeit lang nicht mehr gemeldet. Meine Vermieterin ist Opfer des Glatteises geworden und zog sich um Weihnachten rum, als ich im warmen Deutschland weilte, einen komplizierten Armbruch zu. Die Arme musste ihn sich einmal sogar erneut brechen lassen, weil er zunächst nicht richtig zusammenwachsen wollte. Mittlerweile kann sie ihren Arm jedoch wieder fasst vollständig gebrauchen. Ich selbst kann mich auf jeden Fall sehr glücklich schätzen, dass mir ähnliches bislang erspart geblieben ist.
Wir bekommen auch des Öfteren Besuch von einem Seehund. Vermutlich will er sich den Geburtsplatz seiner Vorfahren anschauen, der Kópavogur früher offensichtlich war: Der Name bedeutet nämlich „Seehundbabybucht“. Der Ort ist auch noch sehr jung und entstand erst in den 30ern. Ich machte ursprünglich sogar einige Fotos vom Seehund, aber aus irgendeinem Grunde hat meine neue Kamera das Bild nicht gespeichert. Andere Bilder, welche ich mit dieser Kamera gemacht habe, sind zwar gespeichert, lassen sich aber auf meinem Laptop nicht öffnen, weil irgendwelche Dateiformate nicht unterstützt werden. Naja, ein Technikfreak bin ich noch nie gewesen. Jedenfalls müsst ihr aufgrund der Unfähigkeit meines Laptops bzw. meiner Wenigkeit (how knows) vorläufig auf Bilder aus dem wunderschönen Island verzichten.
Ich befasse mich ja derzeit nicht nur mit meinem Studium, sondern recherchiere auch fleißig für meine BA. In diesem Zusammenhang habe ich mich auch mit der Geschichte von Juden auf Island beschäftigt. Ein wichtiges Ergebnis meiner Recherchen ist gewesen (obwohl für meine BA eher belanglos), dass die Grabsteine und Gebäude mit Davidssternen, welche ich mit meiner Mutter bei ihrem Besuch im Oktober bestaunte, ausnahmslos von isländischen Freimaurern stammen und keinerlei Bezug zum Judentum haben. Eine jüdische Gemeinde gibt es erst seit dem Zweiten Weltkrieg auf Island.
So, das soll es erstmal gewesen sein, wobei, eine Information hätte ich noch: Der Flieger, welcher mich zu meinem Sommer-Aufenthalt nach Deutschland bringen wird, landet am 18. Mai in Berlin Tegel. Die voraussichtliche Ankunftszeit ist 6:25.
Karl Hollerung




[1] Nur eifrige Steven-King-Leser wissen, was hier gemeint ist.
[2] Auch, wenn es immer mal wieder Schneefälle gibt. Aber der bleibt nicht lange liegen.

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